Medizin­produkte der Klasse 1r – wieder­verwendbare chirurgische Instrumente

Sowohl die MDR, als auch der deutsche Gesetzentwurf MPEUAnpG verweisen darauf, dass Hersteller von Produkten der Klasse 1 und hier besonders der höheren Klasse 1-Produkte (1r, 1s, 1 m) für Sie neue Anforderungen erfüllen müssen. Die Hersteller von Klasse 1r-Produkten, also wiederverwendbaren, chirurgischen Instrumenten müssen diese neu zertifizieren lassen, da sie diese ansonsten ab dem 26.05.2020 nicht mehr auf dem Markt anbieten dürfen. Eine klinische Bewertung muss für alle Produkte aber generell durchgeführt werden.

Korrektur MDR, Artikel 120 Absatz 3:

Am 17.12.2019 hat das EU-Parlament das zweite Corrigendum zur EU-MDR beschlossen. Dieses enthält eine Fristverlängerung von vier Jahren für Medizinprodukte der Klasse I, die im Rahmen der MDR höher klassifiziert werden, also u.a. den Klasse 1r-Produkte.

Anstatt:

„(3) Abweichend von Artikel 5 der vorliegenden Verordnung darf ein Produkt, für das eine Bescheinigung gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG erteilt wurde, die gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels gültig ist, nur in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, sofern es ab dem Tag des Geltungsbeginns der vorliegenden Verordnung weiterhin einer dieser Richtlinien entspricht und …“

muss es heißen:

„(3) Abweichend von Artikel 5 der vorliegenden Verordnung darf ein Produkt, das ein Produkt der Klasse I gemäß der Richtlinie 93/42/EWG ist, für das vor dem 26. Mai 2020 eine EU-Konformitätserklärung erstellt wurde und für das das Konformitätsbewertungsverfahren gemäß der vorliegenden Verordnung die Mitwirkung einer Benannten Stelle erfordert oder für das eine Bescheinigung gemäß der Richtlinie 90/385/EWG oder der Richtlinie 93/42/EWG besteht, die gemäß Absatz 2 des vorliegenden Artikels gültig ist, bis zum 26. Mai 2024 in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden, sofern es ab dem 26. Mai 2020 weiterhin einer dieser Richtlinien entspricht und …“. Quelle: https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/...

Diese Änderung entlastet vor allem die kleinen und mittleren Hersteller dieser Produkte, sie bedeutet aber gleichzeitig auch, dass folgende Punkte für diese Hersteller trotzdem zu beachten sind:

  • alle weiteren Vorgaben der EU-MDR müssen erfüllt werden. Dazu zählen die Post-Market-Surveillance, die Marktüberwachung, die Vigilance und die Registrierung von Wirtschaftsteilnehmern und Geräten
  • sollte das gültige Zertifikat vor dem Mai 2024 enden, müssen ab diesem Zeitpunkt die Regeln der MDR eingehalten werden. Die Übergangsfrist stellt nur eine Duldung des alten Zertifikats dar
  • für die Bearbeitungszeit von Akten seitens der Benannten Stellen sind mindestens 9 bis 12 Monate einzuplanen. Eine Bearbeitung in 2023 wäre bereits zu spät

Die Hersteller sollten sich über diese Frist freuen, aber nicht warten bis es zu spät ist. Arbeiten Sie weiter mit Hochdruck an der Umsetzung der MDR und sammeln Sie Daten, erstellen Sie PMCF-Studien als Vorbereitung für Ihre Zulassung nach der MDR.

Unter wiederverwendbaren, chirurgischen Instrumenten versteht die MDR (Anhang VIII, „Klassifizierungsregeln“) „ein nicht in Verbindung mit einem aktiven Produkt eingesetztes, für einen chirurgischen Eingriff bestimmtes Instrument, dessen Funktion im Schneiden, Bohren, Sägen, Kratzen, Schaben, Klammern, Spreizen, Heften oder ähnlichem besteht und dass nach Durchführung geeigneter Verfahren wie etwa Reinigung, Desinfektion und Sterilisation vom Hersteller für die Wiederverwendung bestimmt ist“.

In Artikel 52 der MDR „Konformitätsbewertungen“ wird beschrieben, was die Hersteller dieser Produkte in Zukunft zu beachten haben. „Hersteller von Produkten der Klasse 1, ausgenommen Sonderanfertigungen oder Prüfprodukte, erklären die Konformität ihrer Produkte durch Ausstellung einer EU-Konformitätserklärung gemäß Artikel 19, nachdem sie die technische Dokumentation gemäß den Anhängen II und III erstellt haben. Bei Produkten, die in sterilem Zustand in den Verkehr gebracht werden, bei Produkten mit Messfunktion oder bei Produkten, bei denen es sich um wiederverwendbare chirurgische Instrumente handelt, wendet der Hersteller die in Anhang IX Kapitel I und III oder in Anhang XI Teil A aufgeführten Verfahren an. Die Beteiligung der Benannten Stelle an diesen Verfahren ist jedoch begrenzt (hier beschrieben für die Klasse 1r)

  • bei wiederverwendbaren chirurgischen Instrumenten (Klasse 1r) auf die Aspekte, die mit der Wiederverwendung in Zusammenhang stehen, insbesondere die Reinigung, Desinfektion, Sterilisation, Wartung und Funktionsprüfung sowie die damit verbundenen Gebrauchsanweisungen.

Das bedeutet für die Hersteller der Klasse 1r-Produkte, dass Sie zum einen ab nächsten Jahr eine benannte Stelle für die Zertifizierung hinzuziehen müssen und dieser nachweisen müssen, dass in der technischen Dokumentation eine verifizierte Anweisung/Vorschrift über die richtige Aufbereitung des Produkts enthalten ist.

Was ist zu tun:

Laut MDR muss der Hersteller Verfahren entweder nach Anhang IX Kapitel I „Qualitätsmanagementsystem“ und Kapitel III „Verwaltungsbestimmungen“ oder nach Anhang XI Teil A „Produktionsqualitätssicherung“ mit einer Benannten Stelle durchführen.

Nach Anhang IX, Kapitel 1 und 3 der MDR z.B. müssen die Hersteller von Klasse 1r-Produkten über ein Qualitätsmanagement verfügen oder ein solches nachweisen. Dies muss laut MDR von einer benannten Stelle bewertet werden. Anhang IX, Kapitel 1, Absatz 2 enthält die Formalien, die dafür notwendig sind. Die Überprüfung durch die benannte Stelle findet in Form eines Audits statt. Zusätzlich müssen die Hersteller die Verwaltungsbestimmungen nach Anhang IX Kapitel 3 erfüllen. Dabei handelt es sich, um folgende Formulare und Dokumentationen: die EU-Konformitätserklärung, die Dokumente und Dokumentation, die sich aus dem Qualitätsmanagement ergeben und die Entscheidungen und Berichte der Benannten Stelle gemäß dem Anhang IX.

Wir unterstützen Sie gerne bei der Umsetzung der Anforderungen oder beraten Sie dabei wie die technische Dokumentation generell auszusehen hat. (web@ancura.de)

Quellen:

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